Freitag, 10. August 2012

Zuggeflüster...

Ich bin eine typische Zufahrerin, kann mich gut über die Bahn hier vor Ort aufregen und nörgele natürlich wegen jeglicher Verspätung und dem Personal das die nächste Haltestelle ins Mikro nuschelt, so dass man bei jeder Haltstelle bereit sein muss, aus dem Zug schnell rauszuspringen, da es einem Wunder bedarf die Tür zu erwischen die nicht klemmt.



Nun ist dieser ganze Frust vergessen und neuer tut sich auf, keine Fahrstühle, hohe Züge, zu wenig Platz und zu enge Türen und trotzdem quäle ich mich immer wieder in die Bahn mit Kinderwagen(da ich für unterwegs viel zum verstauen brauch :)), weil... ja es spannend bleibt.

So viele Geschichten auf einem Haufen und gezwungen teilweise 2Stunden miteinander zu verbringen und somit kommt es zu Gesprächen, die mich teilweise nun wirklich zum Nachdenken gebracht haben.

Schon am Bahnsteig traf mein Blick eine Familie, die so anders wirkte als normal- ich zählte 4 Kinder und ein Kaninchen in einer Box(welches sich später als Hundebaby rausstellen sollte) und eine Mutter, die sich immer wieder aufgeregt durch die Haare fuhr.

Wir hatten beide einen Kinderwagen dabei und kamen somit ins Gespräch, nörgelten zusammen über die fehlenden Fahrstühle und das mehrfache Umsteigen, wo doch der Zug endlich tief wäre. Ehrlich, ich wollte eigentlich meine Ruhe, war geschafft von den Tagen, zu wenig Schlaf und unregelmäßigem Essen meinerseits.

Doch im selben Abteil später zusammen, musste man ins Gespräch kommen. Sie erzählte mir von ihren Kindern, die durchs Abteil stürmten und ihren kleinen Babyhund bespielten. Nichtmal Namen tauschten wir aus und doch erzählte sie mir ihre traurige Geschichte, sie sei auf dem Weg zu ihrer Mutter nach Polen, damit diese auch ihre Enkel mal kennen lernen kann, da sie kein Auto (geschweige denn Führerschein) besaß und auf Bus und Bahn angewiesen war(9h Fahrt nach Polen!).

Als ich ihr sagte, da habe sie ja ganz schön zu tun mit der Meute, winkte sie nur traurig ab und erklärte mir ausführlich und ernst, dass ihre Kinder alle in Wg´s untergebracht sind und ihr das Sorgerecht für ihre 4 von 5 Kindern vorrübergehend weggenommen wurde.

Sie hatte Streit mit ihrem Exmann, der in heftiger Gewalt endete, beide griffen verbal den anderen vor Gericht an und beschuldigten einander auf das derbste, so dass sie es im Nachhinein gut fand, wie die Justiz reagierte und sie selbst zu Sinnen kommen konnte.

Doch nun hat sie wieder ein neues 13Monate altes Töchterchen, wieder der falsche Mann und sie musste weg aus der Stadt oder noch weiter, da es auch zu eskalieren drohte. Sie hat Angst das alles von vorn beginnen könnte.Schließlich betet sie dafür das Sorgerecht für ihre anderen Kinder zu kriegen, sie kämpft nun seit 3Jahren und hofft mit kleinen Erfolgen(jeden Wochenende sind sie alle bei ihr etc).

Von Außen hin hätten sie viele gleich abgestempelt, bei ihrem Alter und den vielen Kindern und sich dann noch einen Hund anschaffen, hielt ich selbst für sehr "gewagt". Doch ihre 7-jährige Tochter erzählte ganz stolz, dass sie den Hund fiepend in einem Karton im Wald gefunden haben, aufpeppelten und ihr Taschengeld für den Tierarztbesuch zusammen gelegt haben, nur damit ihre Mama sieht, dass der Hund nun zu ihnen gehöre.

Im Nachhinein weiß ich immer noch nicht was ich von allem halten soll, ich weiß wie Streit zwischen Expartnern ist, doch mir stellt sich teilweise wirklich eine Schuldfrage. Griff sie zB immer zu den falschen Männern? Oder suchte sie eine Rechtfertigung?

Abschließend sagte sie zu mir, sie wird weiter kämpfen, auch wenn sie sicher Hilfe brauchen wird. Doch diesmal will sie Hilfe annehmen.

Es ist wichtig, dass wir uns irgendwann eingestehen, dass wir doch Hilfe brauchen.


lang ist´s her...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen